Einfach mal vertrauen
„Wenn die Kirche zuhört, ist sie in der Lage, spirituell, sozial und moralisch eine bedeutende Rolle in Gesellschaft zu spielen“. Das sagte Dr. Aklilu Ghirmai, Referent für Sozialraumanalyse im Pastoralen Raum Frankfurt-Nied-Griesheim-Gallus, für die eritreische Gemeinde beim internationalen Mariengottesdienst am Sonntag. Ghirmai zitierte damit die Worte eines Priesters zum Synodalen Prozess, an dem sich auch vier Diözesen in Eritrea beteiligt haben. Das gegenseitige Zuhören und der Gruppendialog sei so wichtig, unterstrich er.
Die große Rolle des Zuhörens zog sich wie ein roter Faden durch das Pontifikalamt „Mutter aller Völker“ mit Weihbischof Dr. Thomas Löhr, das zum neunten Mal von den 33 muttersprachlichen Gemeinden und Pfarreien des Bistums ausgerichtet wurde. Beim Gottesdienst war die Frauenfriedenskirche voll besetzt, zum Teil waren die Menschen in wunderschönen bunten Trachten oder typischer Kleidung ihrer Herkunftsländer erschienen. Nach dem Gottesdienst wurde die von der portugiesischsprachigen Gemeinde liebevoll geschmückte Madonna in einer kurzen Prozession durch Bockenheim getragen.
Nicht denken, Menschen könnten alles machen
Der Rat der Gemeinden von Katholiken anderer Muttersprache im Bistum hatte sich zuvor mit den Schlüsselthemen des weltweiten Synodalen Prozesses beschäftigt – bei dem „aufmerksam zuhören“ als eines von zehn Schlüsselthemen benannt wird. Auf dieses „Zuhören“ nahm auch Weihbischof Löhr in seiner Predigt Bezug. Josef habe nicht verstehen können, was mit Maria geschah, seiner Braut, die Gott in seinen Dienst genommen hatte und die ein Kind vom ihm erwartete, dessen Vater er nicht war. „Er hörte auf das Wort Gottes, das ihm ein Engel überbrachte“, sagte Löhr. Und fuhr fort: „Das Wort Gottes hören – und nicht nur auf eigene Pläne und Überlegungen bauen. Das Wirken des Heiligen Geistes anerkennen – und nicht denken, Menschen könnten alles machen. Darauf vertrauen, dass von Jesus das Heil kommt – und nicht selbst die Welt erlösen wollen, womöglich sogar mit Gewalt. Das Hören steht am Anfang dieses Prozesses. Und in der Mitte. Und am Ende.“ Synode heiße zu allererst Hören, nicht andere überreden oder ihnen etwas aufzwingen wollen. „Hören auf Gott, aufeinander, auf die Ereignisse unserer Zeit. Wie Maria“, so der Weihbischof.
Die in der jeweiligen Sprache vorgetragenen Fürbitten aus den einzelnen muttersprachlichen Gemeinden sind ein zentrales Element des Mariengottesdienstes, der jedes Jahr in zeitlicher Nähe zum Fest Mariä Geburt gefeiert wird. Gebetet wurde für alle Gläubigen in den Kirchen und Pfarreien, für alle ehrenamtlich Engagierten, für die Getauften aller Konfessionen und für die, die sich taufen lassen, für jene, die sich für Verkündigung einsetzen – und auch für Papst Franziskus und seine Botschaft. Die Fürbitte der Ukrainischen Katholischen Personalpfarrei bat um die Förderung einer Kultur des offenen Austauschs und der gemeinsamen Meinungsbildung. Anschließend brachten Frauen und Männer aus den Gemeinden anderer Muttersprachen Tafeln mit Symbolen zu den Schlüsselthemen des Synodalen Prozesses sowie die eucharistischen Gaben zum Altar.
„Jedes Jahr großartiger“
Der feierlichen Messe zelebrierte Löhr gemeinsam mit Joachim Braun, Pfarrer von Sankt Marien, Priester Juraj Sabadoš, Pfarrverwalter der Slowakischen Mission der Diözesen Limburg und Fulda, sowie zahlreichen anderen Priestern aus Gemeinden von Katholiken anderer Muttersprache. Berührt zeigten sich viele Menschen von der schönen Musik, die unter Gesamtleitung von Benedikt Milenković die Besonderheit des beliebten Gottesdienstes unterstrich. Christos Theel spielte die Orgel; der Gottesdienst und die anschließende Prozession sowie der Abschluss vor der Kirche wurden vom Vokalensemble „KQuadrat und dem Bläserensemble unter der Leitung von Megumi Roth begleitet. „Ich habe das Gefühl, dieser Gottesdienst wird jedes Jahr großartiger“, lobte denn auch Weihbischof Löhr. Es war der erste Gottesdienst „Mutter aller Völker“, der seit der Sanierung der Frauenfriedenskirche dort wieder gefeiert werden konnte.